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Mädchenheim der Inneren Mission
in Bad Köstritz, um 1930
Quelle: © Privatbesitz Walter Sylten, Berlin


1925 wurde Werner Sylten Pfarrer und Leiter des Thüringer Frauenasyls in Bad Köstritz, einer Fürsorgeeinrichtung für sozial gefährdete minderjährige Mädchen. Im selben Jahr heiratete er am 23.03. die Lehrerin und Erzieherin Hildegard Witting. 1926 wurde der erste Sohn Reinhard geboren, 1930 der zweite Sohn Walter. Im Thüringer Frauenasyl nahm Werner Sylten umfassende Reformen vor. Anstelle einer autoritären Anstaltserziehung begann er fortschrittliche pädagogische Konzepte umzusetzen, veranlasste die Umbenennung des Frauenasyls in „Thüringer Mädchenheim“ und modernisierte die Gebäude.
Das Heim sollte den Mädchen eine familienähnliche Heimat auf der Grundlage einer christlichen Hausordnung bieten. Dazu wurden sie in Familiengruppen mit je einer „Familienmutter“ und getrennten Wohn- und Schlafbereichen untergebracht. Damals war es ein Novum, dass die Bewohnerinnen im Heim eine Berufsausbildung erhielten. Für ihre umfassende Betreuung baute Werner Sylten einen Mitarbeiterinnenstab von ca. 20 kompetenten Erzieherinnen und Lehrerinnen auf. Um den Kontakt mit Ehemaligen zu halten, rief er den monatlich erscheinenden Rundbrief „Grüße aus dem Thüringer Mädchenheim“ ins Leben.
Als 1929 die Weltwirtschaftskrise einsetzte, unterstützte Werner Sylten Arbeitslose und Bedürftige, ohne seine Hilfe von deren religiösen oder politischen Einstellungen abhängig zu machen. Er nahm an Veranstaltungen der Religiösen Sozialisten teil und hielt Vorträge unter anderem über den Marxismus aus christlicher Sicht und die Briefe Rosa Luxemburgs. Im Gegensatz zur mehrheitlich republikfeindlich eingestellten Pfarrerschaft flaggte er bei offiziellen Anlässen nicht mit den Farben des Kaiserreichs, sondern legte mit der schwarz-rot-goldenen Fahne ein prorepublikanisches Bekenntnis ab.

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